Smartphone-Navigationstest könnte frühe Anzeichen von Demenzrisiko erkennen

Wissenschaftler entdecken ein subtiles Alltagsverhalten, das das Alzheimer-Risiko anzeigt
Eine bahnbrechende Studie, veröffentlicht in PLOS Digital Health, zeigt, wie die alltägliche Smartphone-Nutzung während Navigationsaufgaben dabei helfen könnte, ältere Erwachsene mit Demenzrisiko zu identifizieren. Forscher des Deutschen Zentrums für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE) haben einen neuartigen Ansatz entwickelt, der mobile Technologie nutzt, um subtile kognitive Veränderungen zu erkennen, die auf ein erhöhtes Demenzrisiko hinweisen könnten.
Ein neuer Ansatz zur Früherkennung
Die Studie stellt eine innovative Smartphone-Anwendung namens „Explore“ vor, die verfolgt, wie Menschen sich in realen Umgebungen orientieren. Im Gegensatz zu traditionellen kognitiven Tests, die in Kliniken durchgeführt werden, erfasst dieser Ansatz natürliches Verhalten, während Teilnehmer sich auf einem Universitätscampus orientieren, und liefert Einblicke in frühe kognitive Veränderungen, die sonst möglicherweise unbemerkt bleiben würden.
„Basierend auf Erkenntnissen, die zeigen, dass Defizite in der räumlichen Navigation ein häufiges Merkmal von Demenz sind, haben wir untersucht, ob Patienten mit subjektivem kognitivem Abbau Unterschiede im smartphone-gestützten Orientierungsverhalten im Vergleich zu kognitiv gesunden älteren und jüngeren Erwachsenen zeigen“, erklärt Hauptautor Jonas Marquardt.
Die Navigationsherausforderung
Das Forscherteam untersuchte 72 Teilnehmer, darunter jüngere Erwachsene, gesunde ältere Erwachsene und ältere Erwachsene mit subjektivem kognitivem Abbau (SCD) – Personen, die eine Verschlechterung ihrer kognitiven Fähigkeiten wahrnehmen, aber in standardisierten kognitiven Tests noch normal abschneiden. Die Teilnehmer nutzten eine Smartphone-App, um zwischen fünf Standorten auf einem Medizincampus zu navigieren, während die Forscher GPS-Daten sammelten und verschiedene Aspekte ihres Navigationsverhaltens analysierten.
Aufschlussreiche Ergebnisse
Die bemerkenswerteste Erkenntnis war, dass die Anzahl der Orientierungsstopps während der Navigation den kognitiven Status der Teilnehmer vorhersagen konnte. Personen mit subjektivem kognitivem Abbau machten deutlich mehr Orientierungsstopps im Vergleich zu gesunden älteren Erwachsenen, besonders in Bereichen mit mehreren Kreuzungen oder Entscheidungspunkten.
„Die Anzahl der Orientierungsstopps war prädiktiv für den SCD-Status bei älteren Teilnehmern“, bemerkt das Forscherteam. „Dieser Effekt war stark genug, um den SCD-Status bei älteren Teilnehmern vorherzusagen und macht dieses Leistungsmaß zu einem vielversprechenden digitalen Fußabdruck für demenzbezogenen kognitiven Abbau in realen Umgebungen.“
Von der Forschung zur praktischen Anwendung
Diese Forschung eröffnet neue Möglichkeiten zur Früherkennung von kognitivem Abbau mittels alltäglicher Technologie. Im Gegensatz zu traditionellen kognitiven Beurteilungen, die klinische Besuche erfordern, könnte dieser Ansatz potenziell die kognitive Gesundheit durch Routineaktivitäten überwachen und macht das Screening zugänglicher und weniger einschüchternd für ältere Erwachsene.
Forschungszusammenfassung
Methodik
– 72 Teilnehmer in drei Gruppen (junge Erwachsene, gesunde ältere Erwachsene und SCD-Patienten)
– Speziell entwickelte Smartphone-App zur Verfolgung der Navigationsleistung
– Orientierungsaufgabe in realer Umgebung auf einem Universitätscampus
– Analyse von GPS-Daten und Navigationsmustern
Hauptergebnisse
– Anzahl der Orientierungsstopps signifikant unterschiedlich zwischen gesunden älteren Erwachsenen und SCD-Patienten
– Navigationsmuster konnten SCD-Status mit guter Genauigkeit vorhersagen
– GPS-Trajektorienanalyse zeigte unterschiedliche Navigationsprofile
Studienlimitationen
– Einzelstandortstudie auf einem spezifischen Campusgelände
– Relativ kleine Stichprobengröße
– Keine kausalen Zusammenhänge nachweisbar
– Bedarf an Langzeit-Folgestudien
Diskussion & Erkenntnisse
– Smartphone-basierte Navigationsbewertung zeigt Potenzial für Früherkennung von kognitivem Abbau
– Tests in realer Umgebung könnten höhere ökologische Validität als klinische Bewertungen bieten
– Potenzial für breite Implementierung aufgrund der Smartphone-Verfügbarkeit
– Weitere Studien zur Validierung der Ergebnisse in verschiedenen Umgebungen und Populationen erforderlich
Quelle
Identifying older adults at risk for dementia based on smartphone data obtained during a wayfinding task in the real world
https://doi.org/10.1371/journal.pdig.0000613