Schlechte Durchblutung in den Schläfenlappen des Gehirns steht in Verbindung mit leichten kognitiven Beeinträchtigungen bei älteren Erwachsenen.

Das Kontraktilitätsproblem der Hirnblutgefässe
Forscher der University of Southern California und anderer Institutionen haben herausgefunden, dass die Fähigkeit kleiner Blutgefäße in den Temporallappen, sich richtig zu erweitern, mit der kognitiven Funktion bei älteren Erwachsenen zusammenhängt. Die Temporallappen, die sich an den Seiten des Gehirns in der Nähe der Ohren befinden, spielen eine wichtige Rolle bei der Verarbeitung von Gedächtnisinhalten.
„Wir untersuchen die Fähigkeit dieser sehr kleinen Gefäße, auf Reize zu reagieren und sich zu erweitern, und sie zeigen eine Dysfunktion bei Menschen mit Gedächtnisproblemen“, erklärte Daniel Nation, Professor für Gerontologie und Medizin an der USC Leonard Davis School of Gerontology und leitender Autor der Studie.
Aufdeckung des Zusammenhangs
Die im Fachjournal Neurology veröffentlichte Studie umfasste 144 ältere Erwachsene, die selbstständig in der Gemeinschaft leben. Die Teilnehmer unterzogen sich umfassenden Untersuchungen, darunter:
– Neuropsychologische Tests
– Blutproben
– MRT-Scans des Gehirns
Während der MRT-Scans führten die Freiwilligen eine einzigartige Aufgabe durch: Sie hielten für 15-Sekunden-Intervalle den Atem an. Diese Übung, die darauf ausgelegt war, die Blutgefäße im Gehirn zu erweitern, ermöglichte es den Forschern, einen Prozess namens „zerebrovaskuläre Reaktivität“ (CVR) zu messen, der den Sauerstoffgehalt im Gehirn reguliert.
Die Ergebnisse waren bemerkenswert. Teilnehmer, deren Blutgefäße in den Temporallappen sich nicht richtig erweiterten, zeigten Anzeichen kognitiver Beeinträchtigung, unabhängig davon, ob sie eine Amyloid-Ansammlung – ein Kennzeichen der Alzheimer-Krankheit – in ihren Gehirnen hatten.
Eine neue Perspektive auf Gedächtnisverlust
Diese Erkenntnis stellt den traditionellen Fokus auf Amyloid-Plaques in der Alzheimer-Forschung in Frage und unterstreicht die Bedeutung der vaskulären Gesundheit für die kognitive Funktion. „Es setzt sich zunehmend die Erkenntnis durch, dass die Hauptursache für Demenz nicht eigentlich die Alzheimer-Krankheit ist, sondern eine gemischte Pathologie“, bemerkte Nation.
Die Erstautorin der Studie, Arunima Kapoor, eine Doktorandin an der University of California, Irvine, betonte die breiteren Implikationen: „Unsere Ergebnisse unterstreichen die Notwendigkeit, sich auf die vaskuläre Gesundheit als kritischen Faktor für den Gedächtnisabbau zu konzentrieren“.
Potenzial für Früherkennung und Intervention
Die Forschung deutet darauf hin, dass Probleme mit der Blutgefäßfunktion in den Temporallappen als früher Biomarker für kognitiven Abbau dienen könnten. Dies könnte zu einer früheren Erkennung von MCI führen und möglicherweise neue Wege für die Behandlung eröffnen.
Nation deutete an, dass einige Blutdruckmedikamente möglicherweise die vaskuläre Funktion auf eine Weise schützen könnten, die das Gedächtnis bewahrt, warnte jedoch, dass in diesem Bereich weitere Forschung erforderlich sei.
Ausblick
Mit der Alterung unserer Bevölkerung wird das Verständnis der komplexen Faktoren, die zum kognitiven Abbau beitragen, zunehmend wichtiger. Diese Studie beleuchtet die oft übersehene Rolle der vaskulären Gesundheit für die Gehirnfunktion und das Gedächtnis.
Indem sich die Forscher auf die „Klempnerarbeit“ des Gehirns – sein Netzwerk von Blutgefäßen – konzentrieren, haben sie möglicherweise ein neues Ziel für Therapien entdeckt, die darauf abzielen, den kognitiven Abbau zu verhindern oder zu verlangsamen. Zukünftige Studien könnten Interventionen zur Verbesserung des Blutflusses in den Temporallappen und deren mögliche Auswirkungen auf die kognitive Funktion bei älteren Erwachsenen untersuchen.
Diese Forschung erweitert nicht nur unser Verständnis der Gehirngesundheit, sondern bietet auch Hoffnung für die Entwicklung umfassenderer Ansätze zur Diagnose und Behandlung von Gedächtnisstörungen in der alternden Bevölkerung.
Quelle
Arunima Kapoor et al, Association of Medial Temporal Lobe Cerebrovascular Reactivity and Memory Function in Older Adults With and Without Cognitive Impairment, Neurology (2025). DOI: 10.1212/WNL.0000000000210210