Parkinson-Protein-Klumpen in Herznerven könnten neuen Behandlungsweg bieten

Image: Histological identification of stellate ganglion.(a) Haematoxylin and eosin staining for stellate ganglion. Credit: Experimental Physiology (2025). DOI: 10.1113/EP092261
Neue Entdeckung bei Parkinson: Schädigungen im Nervensystem außerhalb des Gehirns
Ein Forscherteam der Universitäten Surrey und Newcastle hat eine wichtige Entdeckung gemacht, die unser Verständnis von Parkinson-Krankheit erweitern könnte. Die Studie, veröffentlicht in der Fachzeitschrift “Experimental Physiology”, zeigt erstmals, dass fehlerhafte Eiweißablagerungen – ein Hauptmerkmal der Parkinson-Krankheit – auch in wichtigen Nervenzentren außerhalb des Gehirns auftreten können.
Fokus auf das “Sternenganglion” – ein übersehener Teil des Nervensystems
Während die Parkinson-Krankheit typischerweise mit Veränderungen im Gehirn in Verbindung gebracht wird, untersuchte das Team um Dr. Kamalan Jeevaratnam und Bonn Lee spezifisch das “Sternenganglion” (Ganglion stellatum) – ein Nervenknotenpunkt, der die Herzfunktion reguliert.
“Wir vermuten, dass die bei Parkinson beobachteten Störungen des sympathischen Nervensystems durch krankhafte Veränderungen im Sternenganglion verursacht werden könnten,” erklären die Forscher. Diese Nervenstruktur spielt eine entscheidende Rolle bei der Steuerung der Herzfrequenz und anderen autonomen Funktionen.
Die Wissenschaftler entwickelten dabei eine spezielle Technik zur präzisen Entnahme dieser winzigen Nervenstruktur, um sie detailliert zu untersuchen. “Wir demonstrieren hier eine Technik für die sorgfältige Präparation des Sternenganglions,” beschreiben die Autoren ihre methodische Innovation.
Fehlgefaltete Proteine weit über das Gehirn hinaus
Für ihre Studie nutzten die Forscher Mäuse mit einer genetischen Mutation, die der menschlichen Parkinson-Krankheit ähnelt. Diese Tiere produzieren das mutierte Protein Alpha-Synuclein, das zur Bildung von schädlichen Ablagerungen neigt.
Die Untersuchungen ergaben, dass etwa 27% der sympathischen Nervenzellen im Sternenganglion dieses fehlerhafte Protein aufwiesen. Besonders auffällig: Das mutierte Protein bildete Ablagerungen in den Zellkörpern der Nervenzellen – ähnlich den “Lewy-Körperchen”, die charakteristisch für Parkinson im Gehirn sind.
“Wir haben beobachtet, dass das A30P-mutierte Protein Fibrillen-Aggregationen im Sternenganglion bildet,” berichten die Forscher. Diese Entdeckung ist bedeutsam, da solche Proteinansammlungen die normale Nervenfunktion stören können.
Die Verbindung zwischen Herz und Gehirn bei Parkinson
Diese Ergebnisse könnten erklären, warum viele Parkinson-Patienten neben den bekannten Bewegungsstörungen auch Herzprobleme entwickeln.
“Kardiovaskuläre Erkrankungen werden zunehmend als wichtiges nicht-motorisches Merkmal von Parkinson erkannt,” stellen die Autoren fest. “Arrhythmien und sympathische Denervierung gelten als kardiale Merkmale von Parkinson.”
Diese Erkenntnisse deuten darauf hin, dass Parkinson nicht nur ein Gehirnproblem darstellt, sondern tatsächlich mehrere Nervensysteme im Körper betreffen kann – eine Betrachtungsweise, die sich in der Forschung zunehmend durchsetzt.
Neue Perspektiven für Diagnose und Behandlung
Die Studie eröffnet mehrere wichtige Möglichkeiten für die Zukunft der Parkinson-Forschung und -Behandlung:
- Frühdiagnose: Veränderungen im Sternenganglion könnten möglicherweise frühe Anzeichen der Krankheit sein, bevor Gehirnsymptome auftreten.
- Neue Behandlungsansätze: “Unsere Ergebnisse bieten Einblicke für weitere Forschungen zur Behandlung der Alpha-Synuclein-Pathologie im Sternenganglion als potenzielle Verbindung zwischen kardialer Dysautonomie und Parkinson,” erklären die Wissenschaftler.
- Ganzheitlicheres Verständnis: Die Erkenntnis, dass Parkinson auch das autonome Nervensystem betrifft, könnte zu umfassenderen Behandlungsstrategien führen, die nicht nur auf motorische Symptome abzielen.
Die Autoren betonen jedoch, dass weitere Forschung notwendig ist, um die funktionellen Auswirkungen dieser Proteinablagerungen vollständig zu verstehen. “Zukünftige Forschung sollte sich auf die funktionellen Auswirkungen der Alpha-Synuclein-Aggregation im Sternenganglion im Parkinson-Tiermodell konzentrieren,” schließen sie.
Diese Entdeckung unterstreicht, wie wichtig es ist, bei Parkinson über das Gehirn hinauszudenken und das komplexe Zusammenspiel verschiedener Nervensysteme zu berücksichtigen.
Zusammenfassung der Forschungsarbeit
Methodik
Die Forscher entwickelten eine präzise Mikrodissektionstechnik zur Entfernung des Sternenganglions bei genetisch veränderten Mäusen, die das mutierte A30P-Alpha-Synuclein-Protein überexprimieren – ein etabliertes Tiermodell für Parkinson. Die entnommenen Ganglien wurden mittels Immunfluoreszenz auf neuronale Marker, mutiertes menschliches Alpha-Synuclein und Alpha-Synuclein-Aggregate untersucht.
Hauptergebnisse
- Das mutierte A30P-Alpha-Synuclein wurde in den sympathischen Nervenzellen (Tyrosinhydroxylase-positiven Zellen) des Sternenganglions exprimiert
- Etwa 27% der Nervenzellen im Sternenganglion zeigten das mutierte Protein
- Das mutierte Protein war besonders im kardiopulmonalen Bereich des Ganglions konzentriert
- Das A30P-mutierte Protein bildete fibrilläre Aggregate in den Nervenzellen
Einschränkungen der Studie
Die Studie konzentrierte sich hauptsächlich auf immunhistochemische Analysen und konnte keine funktionellen Auswirkungen der beobachteten Proteinablagerungen nachweisen. Die Forscher konnten keinen kausalen Zusammenhang zwischen der Proteinaggregation und autonomen Dysfunktionen herstellen. Weitere Forschung ist notwendig, um die molekularen Veränderungen und deren Auswirkungen auf die Herzfunktion zu verstehen.
Diskussion & Haupterkenntnisse
Diese Studie zeigt erstmals Alpha-Synuclein-Pathologie im sympathischen Nervensystem eines genetischen Parkinson-Tiermodells. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass die Parkinson-Krankheit nicht nur das zentrale Nervensystem, sondern auch das autonome Nervensystem betrifft, was die bekannten kardiovaskulären Komplikationen bei Parkinson-Patienten erklären könnte. Diese Erkenntnisse könnten neue Wege für die Früherkennung und Behandlung der Parkinson-Krankheit eröffnen, insbesondere im Hinblick auf nicht-motorische Symptome wie Herzrhythmusstörungen.
Quelle
2025). Intact microdissection of stellate ganglia in a Parkinson’s disease model reveals aggregation of mutant human α-synuclein in their cell bodies. Experimental Physiology, 1–11. https://doi.org/10.1113/EP092261
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