Insulinresistenz: Ein verborgener Akteur bei der Progression der Parkinson-Krankheit

Insulinresistenz ist ein modifizierender Faktor für die Parkinson-Krankheit
Eine bahnbrechende Studie der Universität Luxemburg hat eine überraschende Verbindung zwischen Insulinresistenz und der Parkinson-Krankheit (PD) aufgedeckt und damit möglicherweise neue Wege für Behandlung und Prävention eröffnet. Die in Movement Disorders veröffentlichte Forschung legt nahe, dass eine Dysfunktion der Insulinsignalübertragung ein bedeutender Faktor bei der Progression von PD sein könnte, insbesondere bei Patienten mit einer spezifischen genetischen Mutation.
Dr. Alise Zagare und ihr Team am Luxembourg Centre for Systems Biomedicine konzentrierten sich auf eine Form von PD, die mit Mutationen im GBA1-Gen assoziiert ist, einem der häufigsten genetischen Risikofaktoren für die Krankheit. Mithilfe fortschrittlicher Labortechniken, einschließlich Mittelhirn-Organoiden – winzigen, dreidimensionalen Modellen von Hirngewebe – untersuchten die Forscher, wie sich Insulinresistenz auf den Schweregrad der PD-Symptome auswirkt.
„Wir wissen seit einiger Zeit, dass es eine Verbindung zwischen Typ-2-Diabetes und der Parkinson-Krankheit gibt, aber unsere Studie zeigt, dass Insulinresistenz im Gehirn unabhängig von Diabetes auftreten und möglicherweise die PD-Progression beschleunigen kann“, erklärt Dr. Zagare.
Das Team kultivierte Mittelhirn-Organoide unter verschiedenen Insulinbedingungen, die sowohl normale Insulinempfindlichkeit als auch Insulinresistenz nachahmen. Sie entdeckten, dass Organoide von PD-Patienten mit der GBA1-Mutation einen signifikanten Verlust von Dopamin produzierenden Neuronen und veränderte Lipidprofile zeigten, wenn sie insulinresistenten Bedingungen ausgesetzt waren.
Eine der faszinierendsten Erkenntnisse der Studie war die Identifizierung eines spezifischen Proteins namens FOXO1 als Schlüsselspieler in diesem Prozess. Als die Forscher eine Technik anwendeten, um die FOXO1-Spiegel in den PD-Organoiden zu reduzieren, beobachteten sie eine bemerkenswerte Erholung der Anzahl Dopamin produzierender Neuronen und eine Abnahme des Zelltods.
„FOXO1 scheint eine kritische Verbindung zwischen Insulinresistenz und dem Verlust von Dopaminneuronen bei der Parkinson-Krankheit zu sein“, sagt Dr. Jens Schwamborn, ein Co-Autor der Studie. „Diese Entdeckung könnte zu neuen therapeutischen Strategien führen, die auf FOXO1 abzielen, um die PD-Progression zu verlangsamen oder zu verhindern.“
Die Forscher testeten auch zwei gängige Diabetes-Medikamente, Metformin und Pioglitazon, an den PD-Organoiden. Während Metformin begrenzte Wirkungen zeigte, demonstrierte Pioglitazon vielversprechende Ergebnisse bei der Erhaltung von Dopaminneuronen und der Reduzierung des Zelltods.
„Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass Pioglitazon, das bereits zur Behandlung von Diabetes eingesetzt wird, möglicherweise Potenzial als Behandlung für bestimmte Arten der Parkinson-Krankheit hat“, bemerkt Dr. Zagare. „Allerdings sind weitere Forschungen erforderlich, um seine Wirksamkeit beim Menschen zu bestätigen.“
Diese Studie unterstreicht das komplexe Zusammenspiel zwischen Stoffwechsel und Neurodegeneration und betont die Bedeutung der Berücksichtigung der Insulinsignalübertragung in der PD-Forschung und bei Behandlungsstrategien. Sie unterstreicht auch den Wert personalisierter Medizinansätze, da die Auswirkungen der Insulinresistenz je nach genetischem Profil des Patienten variieren können.
Mit fortschreitender Forschung auf diesem Gebiet könnte dies zu neuen diagnostischen Instrumenten führen, um Patienten zu identifizieren, die aufgrund von Insulinresistenz ein Risiko für eine schnelle PD-Progression haben, sowie zu gezielten Therapien, um diesen zugrunde liegenden Faktor anzugehen. Vorerst dient die Studie als Erinnerung an die Bedeutung der Aufrechterhaltung der allgemeinen Stoffwechselgesundheit, auch im Kontext neurodegenerativer Erkrankungen.
Die Implikationen dieser Forschung gehen über die Parkinson-Krankheit hinaus und bieten möglicherweise Einblicke in andere neurodegenerative Erkrankungen, bei denen Stoffwechselstörungen eine Rolle spielen. Mit zunehmendem Verständnis dieser komplexen Wechselwirkungen wächst die Hoffnung auf wirksamere Behandlungen und letztendlich eine bessere Lebensqualität für Millionen von Menschen, die von diesen verheerenden Krankheiten betroffen sind.
Zusammenfassung der Forschungsarbeit:
1. Methodik:
– Erzeugung von Mittelhirn-Organoiden aus iPSCs von PD-Patienten mit GBA1-N370S-Mutation und gesunden Spendern
– Kultivierung von Organoiden unter insulinresistenten und insulinsensitiven Bedingungen
– Durchführung von Transkriptomanalysen und Lipidomik-Profiling
– Verwendung von Antisense-Oligonukleotiden zur Herunterregulierung von FOXO1
– Testung der Wirkungen von Metformin und Pioglitazon auf PD-Organoide
2. Hauptergebnisse:
– GBA-PD-Organoide zeigten Verlust dopaminerger Neuronen und veränderte Lipidprofile
– Insulinresistenz verschlimmerte PD-assoziierte Phänotypen
– FOXO1-Knockdown rettete den Verlust dopaminerger Neuronen in GBA-PD-Organoiden
– Pioglitazon-Behandlung verbesserte das Überleben dopaminerger Neuronen und reduzierte den Zelltod
3. Studienlimitationen:
– In-vitro-Modell bildet möglicherweise nicht vollständig In-vivo-Bedingungen ab
– Fokus auf GBA1-Mutations-assoziierte PD, möglicherweise nicht auf alle PD-Fälle anwendbar
– Langzeiteffekte der Behandlungen wurden nicht bewertet
4. Diskussion & Erkenntnisse:
– Insulinresistenz könnte ein modifizierender Faktor bei der PD-Progression sein
– FOXO1 als potenzielles therapeutisches Ziel identifiziert
– Pioglitazon zeigt Potenzial als mögliche PD-Behandlung
– Unterstreicht die Notwendigkeit personalisierter Ansätze in der PD-Therapie
– Deutet auf die Bedeutung der Stoffwechselgesundheit bei neurodegenerativen Erkrankungen hin
Quelle
Zagare, A., Hemedan, A., Almeida, C., Frangenberg, D., Gomez-Giro, G., Antony, P., Halder, R., Krüger, R., Glaab, E., Ostaszewski, M., Arena, G. and Schwamborn, J.C. (2025), Insulin Resistance Is a Modifying Factor for Parkinson’s Disease. Mov Disord, 40: 67-76. https://doi.org/10.1002/mds.30039