Hypertonie, Vorhofflimmern und Rauchen erhöhen Risiko für schwere Schlaganfälle deutlich

Neue INTERSTROKE-Studie enthüllt, welche vaskulären Risikofaktoren mit schwereren Schlaganfällen verbunden sind
Schlaganfälle zählen weltweit zu den führenden Ursachen für Behinderungen und Todesfälle. Doch nicht alle Schlaganfälle sind gleich – manche führen zu geringfügigen Einschränkungen, während andere schwerwiegende Behinderungen oder sogar den Tod zur Folge haben können. Eine umfassende internationale Studie unter der Leitung von Dr. Catriona Reddin und Kollegen hat nun wichtige Unterschiede bei den Risikofaktoren für schwere im Vergleich zu weniger schweren Schlaganfällen identifiziert.
Drei Hauptrisikofaktoren für schwere Schlaganfälle identifiziert
Die INTERSTROKE-Studie, die Daten aus 32 Ländern analysierte, hat ergeben, dass drei spezifische Risikofaktoren besonders stark mit schweren Schlaganfällen assoziiert sind: Bluthochdruck (Hypertonie), Vorhofflimmern und Rauchen.
„Wir haben festgestellt, dass Bluthochdruck mit einer 3,21-fach erhöhten Wahrscheinlichkeit für einen schweren Schlaganfall verbunden ist, verglichen mit einer 2,87-fachen Erhöhung bei weniger schweren Schlaganfällen”, erklärt Dr. Reddin. „Ähnlich verhält es sich bei Vorhofflimmern, wo die Wahrscheinlichkeit eines schweren Schlaganfalls um das 4,7-fache erhöht ist, verglichen mit einem 3,61-fachen Anstieg bei weniger schweren Schlaganfällen.”
Auch Rauchen zeigte einen stärkeren Zusammenhang mit schweren Schlaganfällen (1,87-fach erhöhtes Risiko) als mit weniger schweren Schlaganfällen (1,65-fach erhöhtes Risiko).
Diese Ergebnisse sind besonders bedeutsam, da sie Ärzten und Gesundheitsexperten helfen können, Präventionsstrategien gezielter auf die Vermeidung schwerer, beeinträchtigender Schlaganfälle auszurichten.
Globale Dimension des Problems
Die Studie analysierte Daten von 13.460 Schlaganfallpatienten und 13.488 Kontrollpersonen aus 32 Ländern, die zwischen 2007 und 2015 rekrutiert wurden. Die Schwere des Schlaganfalls wurde anhand der modifizierten Rankin-Skala (mRS) gemessen, wobei Werte von 4-6 als schwer und 0-3 als weniger schwer eingestuft wurden.
Besonders auffällig waren die geografischen Unterschiede: In Südasien (57,3%) und Afrika (53,9%) war der Anteil der Patienten mit schweren Schlaganfällen am höchsten, während er in Westeuropa/Nordamerika/Australasien mit 18,2% am niedrigsten war.
„Diese geografischen Unterschiede unterstreichen die Bedeutung regionaler Präventionsstrategien”, betont Dr. Martin O’Donnell, einer der leitenden Forscher der Studie. „Insbesondere in Regionen mit niedrigerem und mittlerem Einkommen, wo die Hypertonierate rasch zunimmt und Schlaganfälle in jüngerem Alter auftreten, sind gezielte Maßnahmen dringend erforderlich.”
Unterschiede zwischen Schlaganfalltypen
Interessanterweise stellten die Forscher fest, dass hämorrhagische Schlaganfälle (durch Blutungen im Gehirn) häufiger zu schweren Beeinträchtigungen führten als ischämische Schlaganfälle (durch Blutgerinnsel verursacht). Bei Patienten mit schweren Schlaganfällen war der Anteil hämorrhagischer Schlaganfälle mit 35,7% mehr als doppelt so hoch wie bei Patienten mit weniger schweren Schlaganfällen (15,4%).
Doch auch innerhalb der Gruppe der ischämischen Schlaganfälle gab es Unterschiede: Etwa drei Viertel der Patienten mit einem anterioren Syndrom, das große Bereiche des Gehirns betrifft, erlitten einen schweren Schlaganfall.
Taille-Hüft-Verhältnis: Ein ungewöhnlicher Trend
Eine überraschende Entdeckung war, dass ein erhöhtes Taille-Hüft-Verhältnis stärker mit weniger schweren Schlaganfällen assoziiert war.
„Im Gegensatz zu unseren Erwartungen stellten wir fest, dass ein höheres Taille-Hüft-Verhältnis stärker mit weniger schweren Schlaganfällen zusammenhängt”, erläutert Dr. Reddin. „Dies könnte damit zusammenhängen, dass diese Art von Fettverteilung eher mit Erkrankungen der kleinen Gefäße assoziiert ist, die tendenziell zu weniger schweren Schlaganfällen führen.”
Diese Erkenntnis steht im Einklang mit früheren Studien, die einen höheren Zusammenhang zwischen erhöhtem Taille-Hüft-Verhältnis und Erkrankungen der kleinen Gefäße im Vergleich zu Erkrankungen der großen Gefäße oder kardioembolischen Ursachen gezeigt haben.
Konsequenzen für die öffentliche Gesundheit
Die Ergebnisse der Studie haben wichtige Implikationen für die öffentliche Gesundheit und die klinische Praxis. Wenn das Ziel darin besteht, schwere, beeinträchtigende Schlaganfälle zu verhindern, sollten Präventionsstrategien besonders auf die Kontrolle von Bluthochdruck, die Behandlung von Vorhofflimmern und die Raucherentwöhnung abzielen.
Dr. Reddin betont: „Unsere Ergebnisse unterstützen Bemühungen zur Kontrolle von Bluthochdruck, Vorhofflimmern und Rauchen, um schwere, beeinträchtigende Schlaganfälle zu verhindern.”
Besonders relevant sind diese Erkenntnisse für Länder mit niedrigem und mittlerem Einkommen, wo die Raten von Bluthochdruck und Schlaganfällen in jüngerem Alter rasch zunehmen. Gezielte Programme zur Blutdruckkontrolle könnten hier einen erheblichen Beitrag zur Reduzierung schwerer Schlaganfälle leisten.
Die Forscher weisen darauf hin, dass alle untersuchten Risikofaktoren sowohl mit schweren als auch mit weniger schweren Schlaganfällen signifikant assoziiert waren, wenn auch in unterschiedlichem Maße. Dies unterstreicht die Bedeutung einer umfassenden Prävention aller modifizierbaren Risikofaktoren für Schlaganfälle.
Forschungszusammenfassung:
Methodik: Die INTERSTROKE-Studie ist eine internationale Fall-Kontroll-Studie zu Risikofaktoren für erste akute Schlaganfälle in 32 Ländern. Die Schwere des Schlaganfalls wurde mit der modifizierten Rankin-Skala (mRS) innerhalb von 72 Stunden nach Krankenhausaufnahme gemessen, wobei Werte von 4-6 als schwer und 0-3 als weniger schwer definiert wurden. Die Forscher verwendeten multinomiale logistische Regression, um vergleichende Odds Ratios für schwere und weniger schwere Schlaganfälle zu schätzen und testeten auf Heterogenität. Zusätzlich führten sie eine gematchte Fall-Fall-Analyse durch, um zu bestimmen, ob sich die Prävalenz von Risikofaktoren zwischen schweren und weniger schweren Schlaganfällen signifikant unterschied.
Hauptergebnisse: Von 13.460 Schlaganfallpatienten hatten 64,0% (n=8.612) mRS-Werte von 0-3 und 36,0% (n=4.848) Werte von 4-6. Bluthochdruck (OR 3,21 vs. 2,87), Vorhofflimmern (OR 4,70 vs. 3,61) und Rauchen (OR 1,87 vs. 1,65) zeigten einen stärkeren Zusammenhang mit schweren Schlaganfällen im Vergleich zu weniger schweren Schlaganfällen. Ein erhöhtes Taille-Hüft-Verhältnis wies dagegen einen stärkeren Zusammenhang mit weniger schweren Schlaganfällen auf.
Limitationen der Studie: Die Studie konnte keinen kausalen Zusammenhang zwischen den Risikofaktoren und der Schlaganfallschwere herstellen, sondern nur Korrelationen aufzeigen. Zudem könnten nicht gemessene Störfaktoren die Ergebnisse beeinflusst haben. Die Verwendung der mRS zur Messung der Schlaganfallschwere könnte die Schwere bei Patienten unterschätzen, deren Mobilität nicht beeinträchtigt ist.
Diskussion & Haupterkenntnisse: Die Studie unterstreicht die unterschiedliche Bedeutung vaskulärer Risikofaktoren für die Schwere von Schlaganfällen. Die stärkere Assoziation von Bluthochdruck, Vorhofflimmern und Rauchen mit schweren Schlaganfällen deutet darauf hin, dass die Kontrolle dieser Faktoren besonders wichtig für die Prävention schwerer, beeinträchtigender Schlaganfälle ist. Diese Erkenntnisse sind besonders relevant für Regionen mit niedrigerem und mittlerem Einkommen, wo Hypertonie und Schlaganfälle in jüngerem Alter zunehmen. Alle untersuchten Risikofaktoren waren jedoch signifikant mit beiden Schlaganfallschweregraden assoziiert, was die Bedeutung einer umfassenden Prävention aller modifizierbaren Risikofaktoren unterstreicht.
Quelle
The American Stroke Association has more on risk factors for stroke.
Catriona Reddin et al, Association of Vascular Risk With Severe vs. Non-Severe Stroke, Neurology(2024). DOI: 10.1212/WNL.0000000000210087
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