Forscher entwickeln neues Screening-Instrument zur Unterstützung von Schlaganfall-Überlebenden

Neuer Screening-Test für Sprachfunktionen nach Schlaganfall zeigt vielversprechende Ergebnisse
Ein kürzlich entwickelter Screening-Test könnte die Erkennung subtiler Sprachprobleme bei Schlaganfallpatienten revolutionieren. Forschende der University of Queensland haben einen Test entwickelt, der besonders effektiv bei der Identifizierung von Beeinträchtigungen der Sprachfunktion ist – auch bei Patienten ohne offensichtliche Aphasie.
Sprachprobleme nach Schlaganfall werden häufig übersehen
Etwa 70% der Schlaganfallpatienten erleben kognitive Beeinträchtigungen, die oft langfristig bestehen bleiben und zu Behinderungen, sozialer Isolation und verminderter Lebensqualität führen können. Bisherige Screening-Instrumente für Schlaganfallpatienten konzentrieren sich hauptsächlich auf Patienten mit Aphasie – einer schweren Sprachstörung – und übersehen oft subtilere Kommunikationsprobleme.
“Aktuelle Schlaganfall-Screening-Tools sind größtenteils auf Patienten mit Aphasie zugeschnitten, da sie entweder nonverbal sind oder sich auf grundlegende Sprachfähigkeiten wie Benennung und Wiederholung konzentrieren”, erklärt Hauptautorin Dr. Mia Phillips. “Folglich werden subtile Kommunikationsbeeinträchtigungen bei Schlaganfallpatienten ohne eindeutige Aphasie nicht erkannt und erhalten daher keine angemessene Intervention und Rehabilitation, was Beziehungen, Alltagsleben und Lebensqualität beeinträchtigt.”
Der BELS-Test: Ein umfassenderer Ansatz
Der neu entwickelte “Brief Executive Language Screening Test” (BELS) unterscheidet sich von bestehenden Tests durch seinen umfassenderen Ansatz. Er bewertet nicht nur Grundsprachfähigkeiten, sondern auch exekutive Funktionen, die für die Sprachproduktion entscheidend sind.
Der BELS umfasst vier Hauptbereiche:
- Orale Apraxie (Fähigkeit zur Ausführung von Gesichts-/Mundbewegungen)
- Nominale Sprachfähigkeiten (Objektbenennung, Wortverständnis, Wiederholung)
- Propositionale Sprachfunktionen und exekutive Funktionen
- Gedächtnis
Die Forschenden untersuchten 88 Patienten mit akutem Schlaganfall und 116 gesunde Kontrollen. Die Patienten wurden durchschnittlich 17 Tage nach ihrem Schlaganfall getestet, was der akuten bis frühen subakuten Phase entspricht.
“Ein neuartiges Merkmal des BELS ist der Abschnitt für propositionale Sprache und exekutive Funktionen, der zwei Beschreibungen spontaner Sprache anhand von Szenenbildern, phonemische und semantische verbale Flüssigkeit, Satzergänzung und einen motorischen Go-No-Go-Test umfasst”, erläutert Co-Autorin Dr. Gail Robinson. “Dieser Abschnitt erfasst exekutive Funktionen wie Initiierung, Auswahl, Hemmung und Strategienutzung, die bekanntermaßen die zusammenhängende Sprache beeinflussen.”
Beeindruckende Ergebnisse für die Früherkennung
Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass der BELS außergewöhnlich gut zwischen Schlaganfallpatienten und gesunden Personen unterscheiden kann. Mit einer Sensitivität von 89% und einer Spezifität von 89% bei einem Grenzwert von 79,25/100 Punkten übertrifft der Test viele gängige Screening-Instrumente.
Besonders auffällig: Selbst wenn Patienten mit offensichtlicher Aphasie aus der Analyse ausgeschlossen wurden, blieb die Genauigkeit des Tests hoch (Sensitivität 87%, Spezifität 89%). Dies unterstreicht die Fähigkeit des BELS, subtile Sprachprobleme zu erkennen, die von anderen Tests möglicherweise übersehen werden.
“Die BELS-Ergebnisse zeigen, dass Schlaganfallpatienten ohne Aphasie dennoch Beeinträchtigungen der Sprachfunktion auf exekutiver Ebene erleben können”, betont Dr. Phillips. “Etwa 73% der Patienten zeigten Beeinträchtigungen im Bereich der propositionalen Sprache und exekutiven Funktionen, selbst wenn grundlegende Sprach- und Artikulationsfähigkeiten weitgehend intakt waren.”
Praktische Anwendungen für die klinische Praxis
Der BELS bietet mehrere Vorteile gegenüber bestehenden Tests:
- Er ist kurz (15-20 Minuten) und kann am Krankenbett durchgeführt werden.
- Er erfasst subtile exekutive Sprachbeeinträchtigungen, die von anderen Tests möglicherweise übersehen werden.
- Er ist für Patienten mit und ohne Aphasie geeignet.
“Der BELS ist kurz, sensibel, für die Anwendung am Krankenbett geeignet und kann bei der Erkennung und Rehabilitation subtiler exekutiver Sprachbeeinträchtigungen helfen”, fassen die Autoren zusammen. “Dies wiederum wird dazu beitragen, Beziehungen und Lebensqualität nach einem Schlaganfall zu verbessern.”
Die frühzeitige Erkennung dieser subtilen Sprachprobleme ist entscheidend, da betroffene Patienten derzeit oft nicht an Sprachtherapeuten überwiesen werden. “Eine Studie ergab, dass nur 10% der akuten Schlaganfallpatienten mit kognitiver Kommunikationsstörung für eine gemeindenahe Rehabilitation überwiesen wurden, wenn sie nach Hause entlassen wurden, verglichen mit 53% der akuten Schlaganfallpatienten mit Aphasie”, erläutert Dr. Robinson.
Zukünftige Forschung und Anwendungen
Die Forschenden planen weitere Studien, um herauszufinden, ob der BELS zwischen linkshemisphärischen und rechtshemisphärischen Schlaganfällen unterscheiden kann und ob die BELS-Scores langfristige neuropsychologische und funktionelle Ergebnisse vorhersagen können.
Dieser vielversprechende neue Test könnte in Zukunft ein Standardwerkzeug in der Akutversorgung von Schlaganfallpatienten werden und sicherstellen, dass mehr Patienten die Rehabilitation erhalten, die sie benötigen – auch jene, deren Sprachprobleme bisher unentdeckt blieben.
Zusammenfassung der Forschungsarbeit
Methodik
Die Studie untersuchte 88 Patienten mit erstmaligem Schlaganfall (durchschnittlich 17 Tage nach dem Ereignis) und 116 altersangepasste gesunde Kontrollen mittels des BELS. Die Forscher führten unabhängige t-Tests und ROC-Kurvenanalysen durch, um die Sensitivität und Spezifität des Tests zu bestimmen. Zusätzlich wurden die Schlaganfallpatienten mit unabhängigen neuropsychologischen Tests auf Aphasie untersucht.
Schlüsselergebnisse
- Der BELS zeigte eine hohe Sensitivität (89%) und Spezifität (89%) bei einem Grenzwert von 79,25/100.
- Schlaganfallpatienten schnitten bei allen propositionalen Sprachtests und exekutiven Funktionstests signifikant schlechter ab als die Kontrollgruppe.
- Etwa 73% der Patienten zeigten Beeinträchtigungen im Bereich der propositionalen Sprache und exekutiven Funktionen, selbst wenn Artikulation und nominale Sprachfähigkeiten intakt waren.
- Die Ergebnisse blieben ähnlich, wenn Patienten mit Aphasie aus der Analyse ausgeschlossen wurden.
Einschränkungen der Studie
- Die Stichprobe enthielt mehr rechtshemisphärische als linkshemisphärische Schlaganfallpatienten, möglicherweise weil letztere häufiger Kernsprachdefizite aufweisen, die die für die Einwilligung erforderlichen Fähigkeiten beeinträchtigen.
- Es konnte keine ANCOVA durchgeführt werden, um für Artikulations- und nominale Sprachscores zu kontrollieren.
- Bei unvollständigen BELS-Untertests konnte kein Gesamtscore berechnet werden.
Diskussion & wichtigste Erkenntnisse
- Der BELS ergänzt bestehende Screening-Tools, indem er propositionale Sprache und exekutive Funktionen bewertet.
- Früherkennung subtiler Sprachprobleme kann die Rehabilitation verbessern und langfristige Ergebnisse positiv beeinflussen.
- Der Test könnte dazu beitragen, dass mehr Patienten mit kognitiven Kommunikationsstörungen identifiziert und an Sprachtherapeuten überwiesen werden.
- Die soziale Kommunikation ist entscheidend für zwischenmenschliche Beziehungen und die Fähigkeit, soziale oder berufliche Rollen auszuführen, weshalb die Erkennung und Behandlung dieser subtilen Defizite wichtig ist.