Entschlüsselung des Tempos von Parkinson: 3 Neue Subtypen bieten Hoffnung auf personalisierte Behandlung
3 verschiedene Subtypen der Parkinson-Krankheit, die auf dem Krankheitsverlauf basieren
Die Parkinson-Krankheit (PD) wird seit langem als komplexe neurologische Störung mit unterschiedlichen Symptomen und Progressionsraten bei den Patienten anerkannt. Nun hat eine bahnbrechende Studie, die in Nature Digital Medicine veröffentlicht wurde, verschiedene Subtypen von PD identifiziert, die auf dem Tempo der Krankheitsprogression basieren. Diese Entdeckung könnte unser Verständnis und die Behandlung dieser herausfordernden Erkrankung revolutionieren.
Forscher der Cornell University und ihre Kollaborateure haben einen innovativen Ansatz entwickelt, um PD-Patienten mithilfe fortschrittlicher maschineller Lerntechniken in drei „Tempo-Subtypen“ zu kategorisieren. Dieses neue Klassifikationssystem könnte den Weg für personalisiertere Behandlungsstrategien und verbesserte klinische Studiendesigns ebnen.
Dr. Fei Wang, der leitende Autor der Studie, erklärt: „Unser Ziel war es, die klinische und progressive Heterogenität von PD zu entflechten, um die Präzisionsmedizin zu beschleunigen. Durch die Analyse verschiedener Datentypen haben wir Subtypen aufgedeckt, die einzigartige phänotypische Progressionsmuster aufweisen und über die Zeit stabil sind.“
Die Studie nutzte Daten aus der Parkinson’s Progression Markers Initiative (PPMI) und dem Parkinson’s Disease Biomarkers Program (PDBP), einschließlich klinischer Beurteilungen, Bioproben, Neuroimaging und genetischer Informationen von über 400 Patienten mit frühem PD-Stadium.
Mithilfe eines Deep-Learning-Modells namens Deep Phenotypic Progression Embedding (DPPE) identifizierten die Forscher drei verschiedene PD-Subtypen:
1. Schleichendes Tempo (PD-I): Gekennzeichnet durch milde Ausgangssymptome und langsame Progression
2. Moderates Tempo (PD-M): Zeigt milde Ausgangssymptome, schreitet aber mit moderater Geschwindigkeit voran
3. Schnelles Tempo (PD-R): Weist die schnellste Symptomprogression auf
Dr. Chang Su, der Hauptautor der Studie, merkt an: „Der PD-R-Subtyp zeigte insbesondere schwerere motorische Symptome zu Beginn und die schnellsten jährlichen Progressionsraten bei den meisten motorischen und nicht-motorischen Symptomen unter den drei Subtypen.“
Die Forscher identifizierten auch potenzielle Biomarker für jeden Subtyp, einschließlich Marker im Liquor cerebrospinalis und Merkmale in der Hirnbildgebung. Zum Beispiel erwies sich das Verhältnis von phosphoryliertem Tau zu α-Synuclein im Liquor als vielversprechender Indikator zur Unterscheidung zwischen den Subtypen.
Besonders spannend ist, dass die Studie netzwerkmedizinische Ansätze verwendete, um molekulare Signalwege zu identifizieren, die mit jedem Subtyp assoziiert sind. Diese Analyse ergab, dass der Subtyp mit schneller Progression (PD-R) mit Signalwegen in Verbindung steht, die an Neuroinflammation, oxidativem Stress und Stoffwechsel beteiligt sind.
Aufbauend auf diesen Erkenntnissen nutzten die Forscher fortschrittliche Berechnungsmethoden, um potenzielle Medikamentenkandidaten für jeden Subtyp vorherzusagen. Ein herausragender Kandidat war Metformin, ein gängiges Diabetes-Medikament, das vielversprechende Ergebnisse bei der potenziellen Verlangsamung der PD-Progression zeigte, insbesondere beim Subtyp mit schneller Progression.
Dr. Jeffrey Cummings, Co-Autor der Studie, betont die möglichen Auswirkungen dieser Ergebnisse: „Diese Arbeit hilft, die klinische und pathophysiologische Komplexität der PD-Progression besser zu verstehen und könnte Ansätze der Präzisionsmedizin beschleunigen. Indem wir PD-Subtypen als einzigartige Untererkrankungen behandeln, könnten wir gezieltere und effektivere Therapien entwickeln.“
Obwohl die Studie einen bedeutenden Fortschritt in der PD-Forschung darstellt, weisen die Autoren darauf hin, dass eine weitere Validierung in größeren und vielfältigeren Populationen erforderlich ist. Zudem bedürfen die kausalen Zusammenhänge zwischen identifizierten molekularen Signalwegen und der Krankheitsprogression weiterer Untersuchungen.
Dennoch eröffnet diese Forschung spannende neue Wege für die PD-Behandlung. Dr. Wang schließt: „Wir hoffen, dass dieser Subtypisierungsansatz zu erfolgreicheren klinischen Studien und letztendlich zu Behandlungen führen wird, die die Progression der Parkinson-Krankheit in verschiedenen Patientengruppen verlangsamen oder sogar aufhalten können.“
Für die Millionen von Menschen weltweit, die mit der Parkinson-Krankheit leben, bietet diese Studie einen Hoffnungsschimmer, dass personalisiertere und effektivere Behandlungen in Sicht sein könnten.
Zusammenfassung der Forschungsarbeit:
1. Methodik:
– Analyse von longitudinalen klinischen Daten, Bioproben, Neuroimaging und genetischen Informationen von 406 Patienten mit frühem PD-Stadium
– Entwicklung eines Deep-Learning-Modells (DPPE) zur Charakterisierung der phänotypischen Progressionstrajektorien von Individuen
– Verwendung von Clusteranalysen zur Identifizierung von PD-Subtypen
– Einsatz netzwerkmedizinischer Ansätze zur Identifizierung subtypspezifischer molekularer Module
2. Hauptergebnisse:
– Identifizierung von drei PD-Tempo-Subtypen: Schleichendes Tempo (PD-I), Moderates Tempo (PD-M) und Schnelles Tempo (PD-R)
– Entdeckung potenzieller Liquor- und Neuroimaging-Biomarker für jeden Subtyp
– Aufdeckung subtypspezifischer molekularer Signalwege und potenzieller Medikamentenkandidaten
3. Studienlimitationen:
– Kohorte bestand hauptsächlich aus weißen Teilnehmern mit hohem Bildungsniveau
– Keine Möglichkeit, kausale Zusammenhänge zwischen identifizierten Signalwegen und Krankheitsprogression herzustellen
– Beschränkung auf die Analyse von Vollblut-Transkriptomik
4. Diskussion & Erkenntnisse:
– Die Tempo-Subtypen bieten einen neuen Rahmen für das Verständnis der PD-Progression
– Die Ergebnisse könnten zu personalisierten Behandlungsstrategien und verbesserten klinischen Studiendesigns führen
– Metformin erwies sich als vielversprechender Kandidat zur potenziellen Verlangsamung der PD-Progression, insbesondere beim Subtyp mit schneller Progression
– Weitere Validierung in größeren, vielfältigeren Populationen ist erforderlich
Quelle
Su, C., Hou, Y., Xu, J. et al. Identification of Parkinson’s disease PACE subtypes and repurposing treatments through integrative analyses of multimodal data. npj Digit. Med.7, 184 (2024). https://doi.org/10.1038/s41746-024-01175-9