Durchbruch in der Gehirnbildgebung könnte die Parkinson-Diagnose revolutionieren

Eine bahnbrechende Studie, die online in JAMA Neurology veröffentlicht wurde, hat gezeigt, dass fortschrittliche Gehirnbildgebung in Kombination mit künstlicher Intelligenz die Parkinson-Krankheit zuverlässig von ähnlichen neurologischen Erkrankungen unterscheiden kann. Dies könnte den Diagnoseprozess für Millionen von Patienten weltweit revolutionieren.
Forscher der Automated Imaging Differentiation for Parkinsonism (AIDP) Study Group unter der Leitung von Wissenschaftlern der Universität Florida haben erfolgreich eine Methode entwickelt und validiert, die 3-Tesla-Magnetresonanztomographie (MRT) mit maschinellem Lernen kombiniert, um zwischen drei häufig verwechselten neurologischen Erkrankungen zu unterscheiden: Parkinson-Krankheit (PD), Multisystematrophie (MSA) und progressive supranukleäre Blickparese (PSP).
“Magnetresonanztomographie, gepaart mit geeignetem krankheitsspezifischem maschinellem Lernen, verspricht eine klinische Differenzierung von Parkinson-Krankheit, Multisystematrophie vom Parkinson-Typ und progressiver supranukleärer Blickparese”, erklären die Forscher in ihrer Einleitung.
Die diagnostische Herausforderung
Für Neurologen war die genaue Diagnose von Parkinson-Syndromen lange Zeit eine Herausforderung. Viele Symptome überschneiden sich, und die Fehldiagnoseraten waren historisch hoch. Gegenwärtige Diagnosemethoden stützen sich häufig stark auf klinische Beobachtung, wobei eine definitive Diagnose oft erst durch eine Autopsie nach dem Tod möglich ist.
Dr. Michael Okun, korrespondierender Autor und Neurologe am Norman Fixel Institute for Neurological Diseases der Universität Florida, erklärt die Bedeutung: “Der Ansatz erfüllt die primären Endpunkte, um in einer diagnostischen Aufarbeitung berücksichtigt zu werden.”
Dies ist besonders wichtig, da verschiedene Formen des Parkinsonismus unterschiedliche Behandlungsansätze erfordern, und eine Fehldiagnose zu unangemessener Versorgung und falscher Auswahl klinischer Studien führen kann.
Großangelegte klinische Validierung
Was diese Studie auszeichnet, ist ihr Umfang und ihr rigoroses Design. Das Forschungsteam führte eine prospektive multizentrische Studie mit 21 Standorten der Parkinson Study Group in den USA und Kanada durch und untersuchte 249 Patienten mit PD, MSA und PSP zwischen Juli 2021 und Januar 2024.
Um die Genauigkeit zu gewährleisten, wurde jede Diagnose von drei unabhängigen Neurologen bestätigt, die auf Bewegungsstörungen spezialisiert waren und keine Kenntnis von den Beurteilungen der anderen hatten. Die Forscher integrierten auch eine retrospektive Kohorte von 396 Patienten, um die Lernfähigkeit des KI-Modells zu stärken.
Der AIDP-Ansatz verwendet Diffusions-MRT, um das sogenannte “freie Wasser” im Hirngewebe zu messen, das sich zwischen diesen Erkrankungen unterscheidet. Diese Messungen ermöglichten es den Forschern zusammen mit fortschrittlichen Algorithmen des maschinellen Lernens, ein Diagnosewerkzeug mit bemerkenswerter Genauigkeit zu entwickeln.
Beeindruckende Ergebnisse
Die Studie erzielte außergewöhnlich hohe Genauigkeit bei der Unterscheidung zwischen diesen Erkrankungen:
- Unterscheidung von PD von atypischem Parkinsonismus (MSA und PSP kombiniert): 96% Genauigkeit
- Unterscheidung von MSA von PSP: 98% Genauigkeit
- Trennung von PD von MSA: 98% Genauigkeit
- Unterscheidung von PD von PSP: 98% Genauigkeit
Besonders beeindruckend ist, dass die Forscher ihre Methode an tatsächlichem Hirngewebe von 49 verstorbenen Patienten testeten, die zu Lebzeiten MRT-Scans erhalten hatten. Die AIDP-Vorhersagen stimmten in 46 dieser 49 Fälle (93,9%) mit der neuropathologischen Diagnose nach dem Tod überein, was eine erhebliche Verbesserung gegenüber der klinischen Diagnose allein darstellt.
Praktische Anwendungen
Der AIDP-Ansatz bietet mehrere Vorteile gegenüber aktuellen Diagnosemethoden. Der MRT-Scan dauert weniger als 10 Minuten und erfordert keine radioaktiven Tracer, was ihn sicherer und zugänglicher macht als einige alternative Verfahren.
“Die erfolgreiche Anwendung auf 11 Siemens-, 5 General Electric- und 5 Philips-3-T-Scannern unterstützt das Potenzial für eine weitverbreitete Implementierung der AIDP-Software, die für eine cloud-basierte Integration mit Bildarchivierungs- und Kommunikationssystemen konzipiert ist”, bemerkten die Forscher.
Dies bedeutet, dass die Technologie relativ einfach in bestehende Krankenhaussysteme integriert werden könnte, wodurch potenziell mehr Patienten eine genaue Diagnose erhalten könnten.
Die Zukunft der neurologischen Diagnose
Während andere Biomarker-Ansätze für Parkinson-Syndrome existieren, einschließlich DaT SPECT (ein spezialisierter Gehirnscan), Hautbiopsie und Synuclein-Seed-Aggregationsassays, bietet das AIDP einzigartige Vorteile. Es kann spezifisch zwischen PD, MSA und PSP mit größerer Genauigkeit als die meisten bestehenden Methoden unterscheiden.
Die Forscher schlagen vor, dass die Kombination von AIDP mit anderen Biomarker-Ansätzen “einen praktischeren, erschwinglicheren und zugänglicheren Ansatz für Diagnose und Krankheitsstadienbestimmung bieten könnte.”
Da neurodegenerative Erkrankungen weiterhin Millionen von Menschen weltweit betreffen, bleibt eine frühe und genaue Diagnose entscheidend für eine angemessene Behandlung, die Auswahl klinischer Studien und die Planung der Patientenversorgung. Diese Forschung stellt einen bedeutenden Schritt zur Verbesserung der Ergebnisse für Patienten mit Parkinson-Syndromen dar.
Zusammenfassung der Forschungsarbeit
Methodik:
- Prospektive multizentrische Kohortenstudie an 21 Standorten der Parkinson Study Group
- 249 Patienten mit PD, MSA und PSP zwischen 2021-2024 untersucht
- Diagnose von 3 unabhängigen, verblindeten Spezialisten für Bewegungsstörungen bestätigt
- 3-T-Diffusions-MRT mit Support-Vector-Machine-Learning
- Leistung gemessen durch Fläche unter der Receiver-Operating-Characteristic-Kurve (AUROC)
- Zusätzliche Validierung anhand von 49 autopsiebestätigten Fällen
Hauptergebnisse:
- PD vs. atypischer Parkinsonismus: AUROC 0,96, positiver prädiktiver Wert 0,91
- MSA vs. PSP: AUROC 0,98, positiver prädiktiver Wert 0,98
- PD vs. MSA: AUROC 0,98, positiver prädiktiver Wert 0,97
- PD vs. PSP: AUROC 0,98, positiver prädiktiver Wert 0,92
- 93,9% Genauigkeit bei der Vorhersage der neuropathologischen Diagnose
Studienbeschränkungen:
- Kausale Zusammenhänge konnten nicht festgestellt werden
- Die Mehrheit der Autopsiefälle waren PSP-Patienten
- Zukünftige Studien sind erforderlich, um Fälle mit klinischer Mehrdeutigkeit und Bewerteruneinigkeit zu analysieren
Diskussion & Erkenntnisse:
- AIDP erfüllt primäre Endpunkte für den klinischen Einsatz bei der Diagnose von Parkinson-Syndromen
- Schnelle, nicht-radioaktive Methode, potenziell integrierbar in bestehende Krankenhaussysteme
- In Kombination mit anderen Biomarkern könnte ein praktischer Ansatz zur Diagnose geboten werden
- Ergebnisse legen nahe, dass AIDP in die diagnostische Aufarbeitung für häufige Parkinson-Syndrome einbezogen werden sollte
Quelle
David E. Vaillancourt et al, Automated Imaging Differentiation for Parkinsonism, JAMA Neurology (2025). DOI: 10.1001/jamaneurol.2025.0112
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